Die ursprüngliche Form der Atmung (Pranayama) ist die Nasenatmung. Im Tao der alten Chinesen schon heißt es: „Durch den Mund eingeatmete Luft heißt ni chi, unguter Atem, und ist äußerst schädlich. Achte darauf, nicht durch den Mund einzuatmen“.
Beim Einatmen durch die Nase wird die Luft in der Nase und den Nebenhöhlen gefiltert, befeuchtet und erwärmt in die Atemwege weitergeleitet. Zusätzlich gelangt in den Nasenhöhlen produziertes Stickstoffmonoxid mit der Atemluft in die Lungen.
Nasenatmung versechsfacht den Stickstoffmonoxid Spiegel (NO-Spiegel).
Und das sind die Wohltaten:
· wir nehmen ungefähr 18% mehr Sauerstoff auf
· Stickstoffmonoxid bekämpft Viren und Bakterien
· unsere Atemmuskulatur wird geweitet und die sich öffnenden Atemwege verhelfen uns zu einem besseren Sauerstoffaustausch
· unsere Blutgefäße werden geweitet, wodurch das Herz weniger Druck aufbringen muss, um das Blut durch den Körper zu transportieren
Starken Einfluss auf die Atmung hat der heutige Lebenswandel, richtige Atmung ist nicht mehr selbstverständlich. Beispiele:
· Stress führt zu vermehrter Brustatmung. Daher atmet ein Großteil der Menschen heute zu schnell, zu viel Volumen ein und nur oberflächlich (Brustatmung), was wiederum zu „Überatmung“ führt.
· ursprünglich war ein normales Atemmuster 5 - 6 Atemzüge pro Minute, heute gelten 12 Atemzüge pro Minute als „normal“.
· gesundheitliche Folgen u.a.: Asthma, Depressionen, Stress, Angst, Panikattacken, Allergien, Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Verspannungen, Schnarchen, Schlafapnoe, Bluthochdruck, PMS, Diabetes, Epilepsie und Migräne
Als Folge der Überatmung ist der Kohlenstoffdioxid (CO2) Gehalt im Körper zu gering und so steht nicht genügend Sauerstoff für die Versorgung der Organe und der Muskeln zur Verfügung.
Heute weiß man, dass Kohlenstoffdioxid mehr ist als nur ein Abfallprodukt, denn es erleichtert die Abgabe von Sauerstoff an die Zellen. Wenn die CO2 Konzentration niedrig ist, ist das Sauerstoffmolekül fester an das Hämoglobin (rote Blutkörperchen) gebunden, was die Abgabe von Sauerstoff an den Körper und seine Organe erschwert.
Wohltaten einer erhöhten CO2 Toleranz im Blut:
· unsere Organe und unsere Muskulatur werden besser mit Sauerstoff versorgt und unsere Leistungsfähigkeit steigt
· CO2 stimuliert unseren Vagusnerv
· ein hoher CO2-Gehalt im Blut senkt die Herzfrequenz
· die Lunge ist durch Nervenbahnen mit dem Parasympathikus verbunden, die meisten dieser Nerven liegen im unteren Teil der Lunge, deswegen führt langsame tiefe Atmung zur Entspannung. Je tiefer und sanfter wir einatmen und je langsamer wir ausatmen desto ruhiger schlägt unser Herz und desto ruhiger werden wir
Tiefe Atmung bedeutet nicht, viel Luft einzuatmen, sondern Luft mit Anspannung des Haupt-Atemmuskels, dem Zwerchfell, tief in die unteren Bereiche der Lunge zu ziehen. Und die Zwerchfellatmung funktioniert bei Nasenatmung deutlich effizienter.
Wie schon erwähnt ist ein gesundes Atemmuster, 5 - 6 Atemzüge pro Minute zu nehmen. Heute gelten 12 Atemzüge pro Minute als „normal“ - was zeigt, dass „Überatmung“ heute eher die Regel als die Ausnahme ist.
Yoga unterstützt das gesunde Atemmuster zum Beispiel durch das Singen und Rezitieren von Mantren. Weltweit werden Gebete und Mantras mit derselben Gebetstechnik und damit im selben Atemrhythmus durchgeführt (5,5 – 6 Atemzüge pro Minute):
OM MANI PADME HUM (Buddhismus) > 6 Sek., dann 6 Sek. Einatmen
AUM > 6 Sek., dann 6 Sek. Einatmen
SA TA NA MA (Kundalini-Yoga) > 6 Sek., dann 6 Sek. Einatmen
Ave Maria (katholischer Rosenkranz) > 5,5 Sek. > leicht verkürzt
Dieses Muster findet man auch bei Japanern, den Ureinwohnern Amerikas und den Hawaiianern. Während des Gebets / Mantras verlangsamt sich die Atmung, nimmt die Hirndurchblutung zu und der Herz- sowie Blutkreislauf und das Nervensystem sind zu maximaler Effizienz koordiniert.
Die verlangsamte Atmung durch die Mantras hat eine also eine enorme Heilwirkung auf den Körper.
Das Pranayama im Yoga, die bewusste Atemlenkung
Bedeutung: Prana = Atem / Lebenskraft / Lebensenergie
Ayama = kontrollieren
Übungen zur Atemkontrolle
China: Qigong qi = Atem, gong = Arbeit
Ein wichtiges Ziel des Yoga ist eine langsame und leichte Atmung durch die Nase, die, mit Hilfe des Zwerchfells, bis in die untere Lunge fließt (auch außerhalb der Matte!).
Für unerfahrene bzw. neue Yogis ist es anfangs ratsam, Pranayama Übungen mit Atem-Anhalten zu praktizieren (Anuloma Viloma/Nadi Shodana, Quadratatmung) und sich darin länger zu üben. Gerade das Atem-Anhalten ist für viele schon eine Herausforderung, führt aber sofort zu erhöhter CO2-Toleranz und den damit verbundenen bereits genannten gesundheitlichen Verbesserungen.
Erst später sollten schnellere Pranayama Übungen (wie z.B. Kapalabhati und Bhastrika) praktiziert werden, da diese zu Überatmung führen bzw. diese ausbauen können. Überatmung kann im Yoga und im therapeutischen Kontext allerdings auch genutzt werden, um Bewusstseinsveränderungen gewollt herbeizuführen (so genannte Breathwork-Sessions).
Die Wirkungen von Anuloma Viloma (wechselseitige Nasenlochatmung)
· verbessert die Lungenfunktion
· erhöht die CO2-Toleranz.
· senkt die Belastung des sympathischen Nervensystems und verbessert die Konzentrationsfähigkeit
· beruhigt
· fördert einen guten Schlaf
Die Wirkungen von Brahmari (Bienenatmung)
· beim Summen werden 15 mal mehr Stickstoffmonoxid in den Nasengängen freigesetzt wird als bei normaler Atmung
· so erweitern sich die Kapillaren und die Organe werden besser mit Sauerstoff versorgt
· die glatten Muskelfasern in den Atemwegen entspannen und der Blutdruck sinkt
· das alles hat eine beruhigende Wirkung auf uns, löst Anspannung und Ängste und kann Wut und Ärger mindern
· außerdem verbessert es die Stimme, macht weniger anfällig für Husten und Heiserkeit und kann Kopfschmerzen lindern
· wir können es nutzen, um nach einem stressigen Tag zur Ruhe zu kommen, oder aber um unsere Stimmung zu heben
Ein extremes Beispiel für die starke Wirkung von Atemübungen ist die Tummo-Atmung, die seit 1.000 Jahren von tibetanischen Buddhisten praktiziert wird. Dabei handelt es sich um eine kraftvolle Atmung mit Meditation, die im Gegensatz zur langsamen Atmung das sympathische Nervensystem bewusst ansteuert und Stress auslöst. Mit ihr wird die „körpereigene Heilkraft entfesselt“, Geübte können die Körpertemperatur damit um bis zu 10° C steigern. Bekannt wurde die Tummo-Atmung in der westlichen Welt in abgewandelter Form durch den Niederländer Wim Hof (The Iceman), der mit einigen Weltrekorden Aufsehen erregte, die menschlich unmöglich schienen. Er verbrachte z.B. 1 h 52 Minuten in einer eisgefüllten Badewanne und lief einen Marathon bei 40° C in der Wüste, ohne einen Tropfen Wasser zu trinken.
Mit einem Versuch wollte er den bewussten Einfluss auf sein Immunsystem mit Hilfe der Tummo-Atmungbeweisen. 12 gesunde Männer nahmen an dem Versuch teil, die Hälfte erlernte die Tummo-Atmung und wurde Kälte ausgesetzt. Nachdem alle Kolibakterien injiziert bekamen konnte die Wim-Hof-Gruppe ihren Herzschlag, die Körpertemperatur und das Immunsystem bewusst kontrollieren und setzte Immunzellen frei, die die Bakterien bekämpften. Alle Männer, die die Methode erlernt hatten, konnten die Bakterien bekämpfen.
Alles in allem ist festzustellen, dass die Atmung ist ein elementar wichtiger Baustein für unsere Gesundheit ist und dass die Lehre des Yoga dies schon vor tausenden Jahren erkannt hat.
Autorin: Kerstin Eckart, Absolventin YOGA 300 / 2023
Quellen: James Nestor „Breath, Patrick McKeown
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