Dass Yoga dir gut tut, spürst du bereits beim Praktizieren auf der Matte.
Dein Nervensystem beruhigt sich, deine Konzentration auf die fließenden Bewegungen bringt dich voll und ganz in den Moment, dein Atem wird tief und regelmäßig. Dass du deinen Körper spürst, ist ein Gefühl, dass dich seit deiner frühesten Kindheit begleitet. Hast, Eile oder ein hoher Leistungsanspruch führen jedoch dazu, dass du es über die Jahre verlernst deinen Körper und dessen Bedürfnisse im aktuellen Moment zu spüren. Aus Sicht von zahlreichen Pädagogen und Erziehern sind Kinder heutzutage zunehmend hypermotorisch, unkonzentriert, zappelig und haben Schwierigkeiten in ihrer Bewegungskoordination.
Andere wiederrum ziehen sich zurück, werden still, lustlos und sind antriebslos. Hinzu kommen Haltungsschäden, Kopf- und/ oder Bauchschmerzen, Allergien und Übergewicht. Darüber hinaus sind die Experten sich einig, dass diese Entwicklung immer früher beginnt und die Kinder Schwierigkeiten haben, bei sich zu bleiben. Die Gründe dafür liegen meist in der Familie und dem Vorbild mit dem die Eltern dem Leben und dessen Herausforderungen begegnen. Volle Terminkalender, Eile und Leistungsdruck aber auch Spannungen und Streit der Eltern übertragen sich ungefiltert auf die Kinder.
Der Alltag der Kinder ist oft geprägt von permanenter Ansprache durch Eltern, Erzieher, Lehrer aber auch Medien aller Art. Das Gefühl von Langeweile, eine der wertvollsten Quellen der Inspiration, ist vielen Kindern fremd oder wird als unangenehm empfunden. Der Kinderalltag ist oft laut, zu Hause und in KiTa und Schule.
Messungen in Kindertagesstätten haben ergeben, dass die Erzieher:innen und Kinder zum Teil einem Geräuschpegel von 89,8 dB ausgesetzt sind, der Lärm eines Presslufthammers. All diese Faktoren führen dazu, dass Kreativität und Entwicklung der Persönlichkeit bei einigen Kindern zunehmend in den Hintergrund treten. Wertvolle Anteile wie eine ausgeprägte Intuition, Lebendigkeit, Kreativität, Neugierde und Offenheit für Neues gehen so verloren. Das hat Auswirkungen, sowohl im sozialen Miteinander wie auch in mangelnder Ausdauer beim Spielen, Basteln und Zuhören.
Die Eltern ahnen, dass sie irgendetwas tun sollten, lassen jedoch oft die Dinge laufen bzw. sind selbst überfordert. Den sozialen Einrichtungen wie KiTa und Schulen wird so häufig der Erziehungsauftrag übertragen, Regeln aufzustellen, Grenzen zu setzen und bei Fehlverhalten mit sanften Mitteln gegenzusteuern. Unter der dadurch entstehenden Überforderung auf allen Seiten, leiden die Kinder am meisten, weil sie nicht wissen, wie sie negative Emotionen und externe Reize selbstständig regulieren können.
Genau an diesen Punkten setzt Yoga für Kinder an. Altersgerechtes Yoga unterstützt Kinder darin sich selbst wahrzunehmen und bei sich zu bleiben.
Stefanie Weyrauch ist selbst Mutter von zwei Kindern, unterrichtet als Yogalehrerin Kinder und Jugendliche und leitet entsprechende Fortbildungen für Yogalehrer:innen an. Sie ist von den Vorteilen von Yoga für Kinder überzeugt: „Beim Yoga lernen die Kinder spielerisch Spaß an der Bewegung zu finden. Es geht nicht darum zu gewinnen oder der Beste zu sein, sondern sie können mal ohne Wettbewerbs- und Leistungsdruck sich nach Lust und Laune bewegen. Wertvoll sind auch die zahlreichen Wirkungen von Yoga: So hilft die Übungspraxis Stress abzubauen oder Haltungsprobleme zu verbessern. Auch die Konzentrationsfähigkeit wird gefördert und das Selbstbewusstsein wächst.“
Sie erlebt es regelmäßig mit wie viel Neugierde und Spaß die Kinder an die Asanas herangehen. Für ein besseres Verständnis und mehr Leichtigkeit werden die klassischen Yogaasanas in Verbindung zu Tieren gesetzt, die die jeweiligen Attribute der Haltung repräsentieren.
Dann sind sie mutig wie ein Löwe, geschmeidig wie eine Schlange oder stark wie ein Bär. Stefanie Weyrauch arbeitet in ihren Stunden gern mit einer Möwe, die auf den Namen Lilly hört.
Die „Yogamöwe Lilly“ und deren Abenteuer hat Stefanie Weyrauch in zwei Büchern aufgeschrieben, die Kinder und Erwachsene spielerisch an das Thema Yoga heranführen.
Aus Lehrersicht birgt das Unterrichten von Yoga für Kinder durchaus Herausforderungen, wie Stefanie Weyrauch berichtet: „Kinder Yoga ist lebendig, du holst als Lehrerin die Kinder da ab, wo sie gerade stehen. Da darf man beim Unterrichten flexibel und spontan sein. So kann ich leichter auf die Wünsche und Ideen der Kinder eingehen. Außerdem sind Kinder ehrlich und direkt. Daher äußern sie auch, wenn ihnen etwas nicht gefällt oder wenn ihnen langweilig ist. Deswegen ist es wichtig, als Kinderyogalehrerin Kritik annehmen zu können und kreative, fantasievolle Ideen zu haben.“ Dem gegenüber, stehen aber zahlreiche Vorteile. Zum einen inspirieren dich Neugierde und Begeisterung der Kinder. Zum anderen sind die positiven Effekte der Praxis recht schnell zu beobachten. Haltung und Motorik der Kinder werden durch eine bessere Durchblutung und stärkere Muskeln verbessert. Das Immunsystem wird angeregt. Kindgerechte Abfolgen wie der Kindersonnengruß geben Orientierung, Halt und Sicherheit. Das Koordinationsgefühl und der Gleichgewichtssinn werden geschult und dadurch auch das innere Gleichgewicht gestärkt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Yoga Menschen jeden Alters darin unterstützt im Hier und Jetzt zu sein. Je früher wir uns daran erinnern, dass dies unser natürlicher Zustand ist, umso besser. Yoga ab dem frühen Kindesalter ist somit ein Weg diesen natürlichen Zustand und die damit verbundene innere Haltung zu bewahren.
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